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Weingut Prager

Weltkulturerbe und internationales Aushängeschild Österreichs
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Gerald

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Weingut Prager

BeitragFr 22. Jul 2011, 11:02

Eigentlich höchste Zeit, dem hochangesehenen Traditionsbetrieb einen eigenen Thread zu widmen.

Persönlich habe ich zu den Weinen von Toni Bodenstein ja ein leicht ambivalentes Verhältnis: einerseits ist in jedem Jahrgang die Klasse und Routine des Winzers zu spüren, man kann - wenn man den Stil mag - eigentlich jeden Smaragd jedes Jahres blind kaufen. Andererseits scheint manchmal der Stil des Hauses mehr auf maximale Punkte in den Weinguides als auf den Trinkspaß beim Konsumenten ausgerichtet, so zumindest mein Eindruck. Fruchtbetonte Weine mit Restzucker knapp an der zulässigen Grenze von 9 g/l sind eigentlich fast die Regel.

Gestern im Glas: der Riesling Smaragd Klaus aus dem Topjahrgang 2006.

Bild

Ohne Frage muss dieser Wein bei den Jungwein-Verkostungen in den Weinguides einen tollen Eindruck hinterlassen haben. Einige Jahre später geöffnet und nicht in einer Verkostung mit -zig anderen Weinen zeigt sich aber trotz sehr schöner, vielschichtiger Aromatik der hohe Alkohol doch recht deutlich und verleidet ein bisschen den Trinkfluss. Ob sich das mit weiterer Lagerung noch gibt? Ich bin zumindest skeptisch. Momentan erscheint mir der Wein für den Preis doch ein bisschen enttäuschend ...

Grüße,
Gerald
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UlliB

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Re: Weingut Prager

BeitragFr 22. Jul 2011, 12:39

Gerald hat geschrieben:Andererseits scheint manchmal der Stil des Hauses mehr auf maximale Punkte in den Weinguides als auf den Trinkspaß beim Konsumenten ausgerichtet, so zumindest mein Eindruck.


Hallo Gerald,

diesen Vorwurf müsste man dann aber gerechterweise auf die Smaragde fast aller Top-Betriebe der Wachau ausdehnen. Diese Weine werden zum Einfahren hoher Punktzahlen und zum Gewinnen von Verkostungen erzeugt; die Trinkbarkeit rückt dabei in den Hintergrund. Das ist ganz klar kein isoliertes Prager-Phänomen. Auch von FX, Rudi Pichler, Hirtzberger und Knoll trinkt man nicht mal eben alleine eine ganze Flasche leer und hat dabei auch noch bis zum Schluss viel Spaß - von den Folgen am nächsten Tag mal ganz abgesehen.

Fruchtbetonte Weine mit Restzucker knapp an der zulässigen Grenze von 9 g/l sind eigentlich fast die Regel.


Diese Behauptung ist schlicht und ergreifend falsch. Es ist zwar richtig, dass T. Bodenstein als einer der ersten Erzeuger in der Wachau keinerlei Berührungsängste gegenüber etwas erhöhten Restzuckerwerten hatte. Dennoch sind die weitaus meisten hier erzeugten Smaragde immer noch völlig trocken (wenn sie dennoch häufiger fruchtig-süß schmecken, hat das andere Gründe). Gerade aus dem Klaus liegen die Smaragde fast immer unter 2 Gramm RZ.

Wenn es bei Prager eine aus meiner Sicht diskutable Stilfrage gibt, dann ist das der extrem reduktive Ausbau der Weine - aber das ist ein anderes Blatt.

Was den von Dir verkosteten 2006er betrifft: es ist mein Eindruck, dass viele Weine dieses in Österreich wirklich über den grünen Klee gelobten Jahrgangs doch ein wenig over the top sind, insbesondere, was den Alkoholgehalt betrifft. Trinkfluss kann man bei den (vermeintlichen) Spitzenweinen da wohl eher nicht erwarten.

Gruß
Ulli
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Gerald

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Re: Weingut Prager

BeitragFr 22. Jul 2011, 13:16

Hallo Ulli,

diesen Vorwurf müsste man dann aber gerechterweise auf die Smaragde fast aller Top-Betriebe der Wachau ausdehnen. Diese Weine werden zum Einfahren hoher Punktzahlen und zum Gewinnen von Verkostungen erzeugt; die Trinkbarkeit rückt dabei in den Hintergrund. Das ist ganz klar kein isoliertes Prager-Phänomen.


da stimme ich natürlich zu 100% zu. Von den Wachauer Spitzenerzeugern liegt mir Prager allerdings am nächsten, da mich persönlich die Weißenkirchner Lagen (allen voran die Achleiten) seit langem am meisten ansprechen.

Zur Frage mit dem Restzucker: zu dem konkreten Wein habe ich keine Analysenwerte vorliegen, er schmeckt aber - bei aller Vorsicht sensorischer Eindrücke - einfach ganz deutlich süß. Ich habe aber schon einige Male beim Wachauer Weinfrühling zu den Restzuckerwerten der probierten Smaragde nachgefragt und habe fast jedes Mal Angaben von 7-8 g/l erhalten.

Den Alkohol selbst habe ich im übrigen ja gar nicht als störend empfunden, sondern die Begleitnoten. Ich will nicht ausschließen, dass sich das noch harmonisiert (von Pragers 2006er habe ich noch einige ganze Menge Flaschen im Keller, kann das also in ein paar Jahren noch nachprüfen).

Grüße,
Gerald
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82er Steirer

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Re: Weingut Prager

BeitragFr 22. Jul 2011, 15:18

Lieber Gerald,
ich kann dich trösten, es geht anderen auch nicht besser als dir was die Harmonie der 2006er Smaragde angeht (siehe Rudi Pichler Thread). Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zu letzt. Schade das man so viel Kapital in verunglückte Versuche stecken muss.

Was den Restzucker angeht, so sehe ich die Sache etwas entspannter. Hatte aus 2006 schon den Seeberg von Loimer und den GV Lamm von Hirsch, beide sogar als halbtrocken etiketiert. Die Weine haben mir sehr gut gefallen. Wenn das Gesamtpaket stimmt ich habe ich grundsätzlich kein Problem damit, wenn etwas Restzucker vorhanden ist, ist halt Geschmackssache.

lg Hans Peter
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Gerald

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Re: Weingut Prager

BeitragFr 22. Jul 2011, 15:28

Hallo Hans Peter,

eigentlich habe ich mit dem Restzucker auch kein so großes Problem, ich habe es eigentlich nur "neutral" zum Stil des Hauses angemerkt. Im konkreten Fall lenkt er sogar vielleicht ein bisschen von den unharmonischen Noten ab, in einem ganz trockenen Wein würden sie wahrscheinlich stärker auffallen.

Grüße,
Gerald
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weinaffe

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Re: Weingut Prager

BeitragMo 10. Okt 2011, 13:18

Hallo zusammen,

leider haben die aktuellen Prager-Weine nicht mehr so viel mit denen aus der "guten alten Zeit" zu tun:


Bild

Gruss
Bodo
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Gerald

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Re: Weingut Prager

BeitragMo 10. Okt 2011, 13:40

Hallo Bodo,

tolle VKN. Mich würde nur interessieren, ob die Weinbezeichnung tatsächlich so wie von dir genannt am Etikett steht. Denn einiges davon verwundert mich ein bisschen, nämlich:

a) "Wachstum Bodenstein" (für Riesling, Veltliner gibt es erst seit kurzem) ist meines Wissens eine sehr hoch gelegene Lage, die aber nicht zur Achleiten gehört.
b) "Wachstum Bodenstein" wurde - wenn ich richtig gelesen habe - erst 1990 gepflanzt. Dass es da schon eine Ernte gibt?
c) die Bezeichnung "Smaragd halbtrocken" klingt auch eigenartig
d) 12,2 Vol.% müssten korrekterweise ja auf 12 Vol.% gerundet werden - und das wäre dann Federspiel und kein Smaragd.

Wenn das wirklich so am Etikett steht, wäre das jedenfalls eine witzige Angelegenheit ...

Grüße,
Gerald
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weinaffe

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Re: Weingut Prager

BeitragMo 10. Okt 2011, 20:09

Gerald hat geschrieben:Hallo Bodo,

tolle VKN. Mich würde nur interessieren, ob die Weinbezeichnung tatsächlich so wie von dir genannt am Etikett steht. Denn einiges davon verwundert mich ein bisschen, nämlich:

a) "Wachstum Bodenstein" (für Riesling, Veltliner gibt es erst seit kurzem) ist meines Wissens eine sehr hoch gelegene Lage, die aber nicht zur Achleiten gehört.
b) "Wachstum Bodenstein" wurde - wenn ich richtig gelesen habe - erst 1990 gepflanzt. Dass es da schon eine Ernte gibt?
c) die Bezeichnung "Smaragd halbtrocken" klingt auch eigenartig
d) 12,2 Vol.% müssten korrekterweise ja auf 12 Vol.% gerundet werden - und das wäre dann Federspiel und kein Smaragd.

Wenn das wirklich so am Etikett steht, wäre das jedenfalls eine witzige Angelegenheit ...

Grüße,
Gerald


Hallo Gerald,

das Etikett von diesem Prager-Wein ist zwar schon etwas "mumifiziert" (das ist halt der Segen eines feuchten Kellers), die folgenden Angaben sind aber einwandfrei zu identifizieren:
Smaragd Ried Achleiten Riesling 1990 Wachstum Bodenstein Qualitätswein mit staatl. PrüfNr. F 0376091 Halbtrocken. Die genaue Alkoholangabe ist leider nicht mehr zu entziffern, aber ich habe mir damals die technischen Werte vom Importeur (Weinland Keiler Dortmund) geben lassen (Alk.: 12,2 Vol%, RZ: 6 g/L). Vielleicht wurde beim Alkoholgehalt aufgerundet, so dass wahrscheinlich 12,5 Vol% auf dem Etikett steht.
Auf jeden Fall stand die Optik des Weinetiketts diametral entgegengesetzt zur superben Qualität dieses Rieslings :lol: :lol:

Grüsse
Bodo
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Gerald

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Re: Weingut Prager

BeitragFr 17. Feb 2012, 08:57

Und wieder ein Topwein aus dem "Jahrhundertjahrgang" 2006, der mich nicht restlos begeistert hat :(

Bild

Anders als bei der Klaus (siehe oben) war der Gaumeneindruck hier tadellos, allerdings weist die Aromatik auf eine eigenartig schnelle Reife hin, dazu fehlt es einfach an Ausdruckskraft und Komplexität.

Nach meinen - natürlich nicht so umfassenden - Erfahrungen scheinen die Prager-Smaragde der letzten Zeit umso attraktiver, je früher sie getrunken werden. Böse Zungen könnten behaupten, dass sie auf den Zeitpunkt optimiert sind, wo sie in den Weinguides verkostet werden ;)

Wie auch immer, vielleicht verwandeln sich die "hässlichen Entchen" ja doch nach Jahren im Keller wieder zurück in die strahlenden Schwäne, die sie im ersten Jahr schon mal waren. Ich kann das ja beobachten, denn vom 2006er Jahrgang habe ich noch einiges im Keller. Jüngere Jahrgänge kaufe ich inzwischen aber nicht mehr nach, da ist für mich die Relation zwischen Preis und (vermuteter) Qualität - besonders das Entwicklungspotenzial - nicht in Ordnung.

Aber solange die Weine in den Jungweinverkostungen hohe Punkte abräumen, sind die Verkäufe ohnehin gesichert ...

Grüße,
Gerald
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UlliB

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Re: Weingut Prager

BeitragFr 17. Feb 2012, 09:48

Gerald hat geschrieben:Nach meinen - natürlich nicht so umfassenden - Erfahrungen scheinen die Prager-Smaragde der letzten Zeit umso attraktiver, je früher sie getrunken werden. Böse Zungen könnten behaupten, dass sie auf den Zeitpunkt optimiert sind, wo sie in den Weinguides verkostet werden ;)


Hallo Gerald,

hinsichtlich dieser Bemerkung verweise ich nochmal auf meinen Kommentar einige Beiträge weiter oben. Die Beobachtung ist zwar richtig, trifft aber nicht nur auf Prager zu.

Was den konkreten Wein betrifft: der war im Jungweinstadium (2007) absolut monumental und so ziemlich das größte, was ich aus der Rebsorte jemals im Glas gehabt habe. Ganz allgemein scheinen aber die 2006er Smaragde einen eher merkwürdigen Weg zu nehmen; alles, was ich in letzter Zeit im Glas hatte (nicht nur von Prager!) war eher wenig überzeugend: diffus, breit, alkoholisch-süßlich. Entweder, der Jahrgang ist völlig überschätzt, oder die Weine befinden sich momentan in einer Art Tiefschlafphase.

Ich werde jedenfalls in den nächsten ein oder zwei Jahren keine 06er Smaragde mehr aufmachen. Vielleicht berappeln sich die Weine wieder, sicher bin ich da aber nicht.

Gruß
Ulli
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